„Die Stigmatisierung von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen ist in den vergangenen Jahrzehnten grösser geworden“
Der Stigmaforscher und Psychiater Nicolas Rüsch sagt in einem Interview mit dem Tages Anzeiger: „Grundsätzlich zeigen Studien, dass in der Öffentlichkeit Vorurteile gegen Menschen mit psychischen Erkrankungen nach Straftaten von psychisch Kranken zunehmen. Ohnehin ist die Stigmatisierung von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen wie Psychosen in den vergangenen Jahrzehnten grösser und nicht kleiner geworden. Das ist sehr traurig. Diese Menschen können Wahnvorstellungen haben, ja, aber nur ein winziger Bruchteil von ihnen übt jemals Gewalt gegen andere aus. Sie werden vielmehr selbst oft Opfer von Gewalt.“ Und das hat Konsequenzen: „Stigma ist ein vielgestaltiges Phänomen, aber tatsächlich ist der Wunsch nach sozialer Distanz wesentlich – auch für die Betroffenen. Denn dieser Wunsch kann zum Beispiel dazu führen, dass Arbeitgeber eine Bewerbung ignorieren, nur weil jemand mit einem psychischen Problem gekämpft hat. So mündet Ablehnung letztlich in Ausgrenzung und Diskriminierung.“